Freuen über Mini-Erfolge… Geduld… usw.

Ein Thema, was bei mir regelmäßig aufkommt – mindestens einmal in der Woche, nämlich in der Therapie…
Meine Therapeutin bewertet es natürlich positiv, wenn ich Dinge, die ich mir vornehme, schaffe und erklärt mir, dass ich mich darüber durchaus auch freuen darf. Nur fühlt es sich für mich so falsch an, mich über Dinge zu freuen oder gar darauf stolz zu sein, die eigentlich (in meinen Augen) absolut selbstverständliche Banalitäten sind – auch wenn ich mit ihnen nicht klarkomme. Sowas wie „ich habe tatsächlich mal eine Ladung Wäsche gewaschen“ oder „ich habe endlich eine wichtige Mail geschrieben“ sind für mich Dinge, die ungefähr so selbstverständlich sein sollten wie die Tatsache, dass ich atme.

Womit wir wieder mal beim Thema „Geduld mit mir selbst“ sind. So viele Menschen haben mir das schon gesagt. Die meisten sind viel geduldiger mit mir als ich selbst – und umgekehrt gestehe ich anderen Menschen auch viel mehr „Geduld mit sich selbst“ zu. Nur mir nicht… entsprechend „dürfen“ sich andere auch über Mini-Erfolge freuen, ich selbst aber nicht. Und das ist ja wirklich irgendwie paradox, zumal ich es wirklich absolut ehrlich meine, wenn ich jemand anderem sage, dass er das „darf“. Das ist nicht nur irgendwie dahingesagt.

Da spielen dann natürlich wieder die Gedanken wie in den letzten Artikeln rein, was ist schaffbar, was nicht, was eingeschränkt?
Ich habe mittlerweile mit dem Professor geredet, wie beinahe erwartet sah er genau gar kein Problem in einer Einzelprüfung. Auch der Termin ist ein paar Tage nach hinten gerutscht, sodass ich ein Wochenende mehr zum Lernen habe. Und was mache ich? Statt froh zu sein, meldet sich mal wieder das schlechte Gewissen und fragt mich, ob ich vielleicht die Gutmütigkeit des Professors ausnutze oder so.
Ich hoffe, ich bringe das Gewissen in diesem Punkt jetzt mal zum Schweigen. Schließlich bringt es ja nichts, da noch ewig drüber nachzugrübeln, jetzt ist die Sache entschieden. Und es gibt ja auch durchaus die Stimmen, die es gerechtfertigt finden…

Ich habe in den letzten Tagen ein paar kleine Dinge geschafft, ja. Ein paar Mails geschrieben, ein bisschen was für die Uni gemacht. Dafür sieht die Wohnung chaotisch aus, die Wäsche wird weniger, sauberes Geschirr ist praktisch nicht mehr vorhanden. Betrachtet man die Zeit, die ich hatte, sind die Erfolge nicht nur Mini-Erfolge, sondern eher Mini-Mini-Mini-Erfölglein. Zumindest gefühlt für mich.

Ich arbeite also weiter daran, Aussagen wie „hab Geduld mit dir, das darfst du“ und „immer nur bis zum nächsten Berggipfel sehen“ auch auf mich selbst zu beziehen ;-).

Über gedankenkarrussel

zwischen 25 und 35, Christ, naturwissenschaftlich interessiert, Aspergerautistin im Kampf mit der Müdigkeit... (darüber schreibe ich mehr in meinem Blog https://gedankenkarrussel.wordpress.com/ )
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8 Antworten zu Freuen über Mini-Erfolge… Geduld… usw.

  1. Anita schreibt:

    Weißt Du ………..

    Du hast ein Leben Zeit, Ordnung zu schaffen. 😉

    Und Du wirst es schaffen!

    Ich bin 45, habe vier Kinder und meine Ordnung hält sich in „Grenzen“ 😆

    Aber ich bin erleichtert, wenn ich etwas geschafft habe.

    Nicht froh, oder glücklich, sondern erleichtert!

    Gratulation zum Nachteilsausgleich! Und zum Mut!

    Das kostet Kraft! Ich weiß wovon ich rede. Dreh Dich nicht um und sieh, was Du NICHT erledigt hast.

    Sei erleichtert, das Du ETWAS geschafft hast!

    Nimm Dir etwas Zeit für die Erleichterung. Dann geht es wieder einen kleinen Schritt an einer anderen Stelle. Haushalte mit Denen Kräften und nutze Möglichkeiten der Ruhe und des Friedens.

    Vielleicht ist Freuen oder Stolz auch einfach die falsche Vokabel für diese Dinge.

    Ich war heute erleichtert, alle Berichte ausgedruckt der Ärztin vorlegen zu können und eine Entscheidung getroffen zu haben.

    Dafür war ich den Rest des Tages einfach nur noch platt.

    Das ich dafür ein schlappes Jahr gebraucht habe, ist eine andere Sache. JETZT habe ich sie geschafft und die Erleichterung darüber macht mich müde.

    Morgen geht es „ungewollt“ weiter und morgen abend bin ich vielleicht noch müder. Das WE winkt. Und ich werde es brauchen. Aber die Erleichterung über etwas erledigtes kann mir keiner nehmen.

    Gute Nacht
    Anita

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    • gedankenkarrussel schreibt:

      Erleichtert ist sicher ein treffendes Wort.
      Allerdings dürfte es meiner Therapeutin um mehr gehen, um „positiv bewerten“ u.ä.
      Ich habe schon überlegt, ob ich mich vielleicht mit dem Wort „Zufriedenheit“ eher anfreunden könnte – aber nicht so wirklich… ist wohl schon wieder zu positiv^^

      Ich wünsche dir ein erholsames Wochenende!

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  2. dualessein schreibt:

    Kommt mir sehr bekannt vor. Jedes Mal, wenn ich etwas „geschafft“ habe, fallen mir die fünf Dinge ein, die ich noch nicht erledigt habe. Und bei den Dingen, die ich positiv abschließen konnte, fallen mir umgehend alle Faktoren ein, die eigentlich dazu hätten beitragen müssen, dass ich scheitere. Ging mir bei jeder Prüfung an der Uni so: Gute Note abgeholt und gleichzeitig gedacht: „Die hast du nur bekommen, weil der Prüfer das und das nicht gefragt hat. DANN hätte er bemerkt, dass du absolut keine Ahnung hast…“ Wenn dann mal wirklich etwas schief geht, ist das für mich der unumstößliche Beweis, dass ich bei den anderen Sachen einfach mal „Glück“ gehabt habe… „Freuen“ über kleine Erfolge ist da nicht drin.

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    • gedankenkarrussel schreibt:

      Hm, ganz so ist es bei mir nicht. Das erste kommt schon hin, also dass mir immer einfällt, was ich _nicht_ geschafft habe. Und manchmal sage ich schon auch „das ist doch nicht mein Verdienst“ u.ä., aber bei Prüfungen eher nicht. Da weiß ich einfach, dass ich Glück und Pech haben kann – genau wie jeder andere auch.
      Und über manche „kleinen Erfolge“ kann ich mich auch freuen, nämlich bei den Dingen, wo ich mir zugestehe, dass sie mir schwerfallen „dürfen“. Z.B. bei Telefonaten, während ich mir nicht zugestehe, dass ich meinen Haushalt nicht auf die Reihe kriege…

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  3. seb schreibt:

    mach dich nicht fertig, ich habe auch asperger und bin was haushalt angeht chaotischer als sich jeder normale je denken würde aber kann wenn es ins detail geht hochpräzise sein

    das freuen über „kleinigkeiten“ muss ich wohl auch noch lernen, mein betreuer sagt oft das ich wieder einen riesen erfolg hatte wo ich denke/sage das es doch eigendlich selbstverständlich ist
    vondaher so ist das eben
    mitlerweile kann ich das ganze sogar etwas annehmen also wenn ich z.b. mal aufgeräumt habe oder geputzt/wäsche gewaschen habe es fühlt sich aber trotzdem blöd an

    cooles blog übrigends 😉

    grüsse seb

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    • gedankenkarrussel schreibt:

      Sehr beruhigend, dass es noch andere gibt, die chaotisch und gleichzeitig sehr präzise sein können^^
      Und die auch finden, dass manches doch selbstverständlich sein müsste…
      Danke fürs Kompliment bezüglich des Blogs! 😀

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  4. Ralf schreibt:

    Freuen ist wichtig:
    Freuen sagt dem Unterbewustsein „So wie es jetzt war ist es richtig“.
    Ich hab mir angwöhnt mich in solchen Situationen ganz bewusst und auch lautstark zu freuen.
    Das hilft mir über Zeiten hinweg die eher zäh sind.
    Und selbst wenn ich beobachtet werde… Die Menschen freuen sich nach kurzer Erklärung mit mir.

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    • gedankenkarrussel schreibt:

      Ich glaube, lautstark freuen ginge bei mir gar nicht. Allerdings zeige ich Gefühle eh oft nicht… dann heißt es schonmal „freust du dich denn nicht über das Geschenk?“ – „Doch, sehr!“, aber offensichtlich zeige ich das nicht so, wie mein Umfeld es erwartet.

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